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Porträt

«Ich liebe das Rampenlicht»

Im Juni zeigt das LAB Junges Theater Zürich das Stück «Begehren» an der Gessnerallee. Die drei LAB-Spieler*innen Raven Bühler, Salome Rentsch und Yeva Ustymenko teilen ihre Gedanken über das Leben im und abseits des Theaters und verraten, was sie mit dem Begriff «Begehren» verbinden.

Anna Miller, 21. Mai 2025

Raven Bühler (20) Copyright: Laura Gauch

Raven Bühler, 20, Aarau

Es geht nicht um die Rolle. Es ist viel mehr als das. Es geht um das ganze Theaterleben an sich, um diese Welt. Sie fasziniert mich. Ich möchte den Kontext verstehen. Wie ein Stück entsteht, wie es auf die Bühne kommt, wie es Ausdruck findet. Und wie ich Ausdruck finde. Das Theaterspielen ist für mich nicht nur Selbstausdruck, sondern Beeinflussung. Ich will mit meinem Spielen erreichen, dass die Leute aus dem Stück laufen und weiter über das Thema nachdenken. 

Ich erlebe die Menschen am Theater als sehr offen, auch gegenüber Genderthemen, ich kann das, was mich beschäftigt, offen ansprechen und in meinem Spiel ausdrücken. Im aktuellen Stück am LAB geht es um Begehren. Begehren ist gesellschaftlich oft so eng definiert, so sexuell aufgeladen. Dabei kann ich doch auch begehren, mit einer Person einen Spaziergang zu machen. Als nonbinäre Person möchte ich im Spiel vermitteln, wie schwierig es ist, den Erwartungen der Gesellschaft gerecht zu werden. Ich möchte eine Brücke bauen, vermeintliche Realitäten hinterfragen.

Ich will ehrlich sein: Ich liebe das Rampenlicht. Diese Aufmerksamkeit, die ich bekomme, wenn mir 100 Leute zuhören. Das mag jetzt narzisstisch klingen, aber es ist wahr. Ich fühle mich wie berauscht. Diese Glückshormone, das ist unglaublich. Ich bin fürs Theater gemacht. Und gleichzeitig sind da auch Zweifel und Angst. Weil ich am Ende des Tages dann doch einen Teil in mir habe, der denkt, dass ich nicht gut genug bin. Deshalb habe ich bisher auch noch nie vorgesprochen. Weil ich damit dem Risiko aus dem Weg gehe, dass sie mich ablehnen. Ich bin mir auch nicht sicher, ob ich das System Theater, wie es im Moment noch funktioniert, wirklich mittragen will: diese Konkurrenz, der Leistungsdruck, das Hierarchische. 

«Ich möchte dieses Leben in Freiheit, ausserhalb des Theaters, dieses Unstrukturierte da draussen, gerne aufsaugen und leben und das tun, was mich gerade interessiert.»

Ich bin ein sehr freier Mensch mit vielen Interessen, und ich will mir keinen Druck machen. Ich bin 20 Jahre alt, ich muss nicht jetzt schon alles wissen. Ich will mir diese Neugier bewahren, diese Vielfalt auch abseits der Bühne leben. Ich beginne nächstes Jahr mit der Vorbereitung auf die Erwachsenenmatura, ich bouldere, ich tanze, ich schreibe, ich leite Freizeitlager, ich arbeite. Ich finde, ich mache genug. Manchmal bin ich so müde, dass ich zu Hause ins Bett falle und zwei Tage durchschlafe. Klar, bei all den Dingen, die ich tue, denke ich manchmal auch: Vielleicht kannst du nichts wirklich gut. 

Doch ich möchte dieses Leben in Freiheit, ausserhalb des Theaters, dieses Unstrukturierte da draussen, gerne aufsaugen und leben und das tun, was mich gerade interessiert. Ich träume von meinem eigenen Segelschiff, ich will damit auf die Weltmeere. Umso mehr will ich nun hier noch diese Zeit geniessen. Im Theater fühlt es sich manchmal so an, als gäbe es keine Welt mehr da draussen, als gäbe es nichts ausser diesem Leben hier, wir existieren dann alle zusammen in dieser Zeitlosigkeit. Ich muss mich nach der Probe psychisch darauf vorbereiten, dass da noch eine Realität auf mich wartet, die nicht so toll ist wie diese hier drin. 

«Begehren»
LAB Junges Theater Zürich

Do, 05.06. (ausverkauft)
Sa, 07.06.
So, 08.06.
Mo, 09.06.

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