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Porträt

«Das Spielen ist meine Medizin, mein Zuhause»

Im Juni zeigt das LAB Junges Theater Zürich das Stück «Begehren» an der Gessnerallee. Die drei LAB-Spieler*innen Raven Bühler, Salome Rentsch und Yeva Ustymenko teilen ihre Gedanken über das Leben im und abseits des Theaters und verraten, was sie mit dem Begriff «Begehren» verbinden.

Anna Miller, 21. Mai 2025

Yeva Ustymenko (18) Copyright: Laura Gauch

Yeva Ustymenko, 18, Zürich

Ich war schon immer voller Energie, mit vier Jahren schon, und meine Eltern meinten damals: Yeva, du musst etwas machen, probier doch mal ein Hobby aus. Ich habe dann Zeichnungskurse belegt, habe Ballett gemacht, war sogar im Zirkus, doch nichts hat mich so gefesselt wie das Theater. Im Theaterspiel kann ich meine ganze Kreativität ausleben, meine ganze Vielfalt. Also habe ich Theater gespielt, in der Ukraine, bis zu diesem 3. März 2022. Ich war 15 Jahre alt, ich flog mit meiner Theatergruppe aus der Ukraine nach Finnland, um dort an einem Theaterfestival teilzunehmen – und bin seither nicht mehr in meine Heimat zurückgekehrt. Unser Flugzeug war das letzte, das den ukrainischen Boden verlassen hat. Ich bin damals aus Finnland direkt in die Schweiz geflogen. Kein Zurück mehr, kein Auf Wiedersehen.

Es war eine schwere Zeit. Meine Mutter und meine kleine Schwester sind noch immer in Charkiw. Ich könnte jetzt zurückkehren, doch ich will nicht. Ich habe hier Freund*innen gefunden, eine Pflegemutter, ich lerne hier in der Schweiz immer mehr Menschen kennen, die mich lieben, meine Zukunft ist jetzt hier. In Charkiw habe ich keine. Ich habe mich daran gewöhnt, meine Mutter nicht mehr zu sehen, ich liebe und vermisse sie, aber ich muss ohne sie weitermachen. Die ganze Stadt ist zerstört, das Land ist zerstört, welche Ausbildung könnte ich denn dort noch machen? 

«Das Theaterspielen fällt mir leicht, es ist wie eine zweite Haut, so natürlich.»

Ich mache derzeit eine Schreiner*innenlehre, auch wenn ich weiss, dass ich schauspielern will, weil ich so in der Schweiz bleiben kann, und die Lehre abschliessen, selbst wenn der Krieg aufhört. Ich will eine abgeschlossene Ausbildung haben, das ist mir wichtig. Ich habe schnell Deutsch gelernt, und ich spiele nun wieder Theater, an der Gessnerallee, im LAB.

Ich weiss, dass ich Schauspielerin werden will, und ich weiss auch, dass ich es schaffen werde. Ich bin sehr zuversichtlich, dass mich eine Schauspielschule nehmen wird und dass ich eine professionelle Ausbildung machen kann. Warum auch nicht? Ich habe bereits viele Jahre Schauspielerfahrung gesammelt. Das Theaterspielen fällt mir leicht, es ist wie eine zweite Haut, so natürlich. Es kommt einfach alles aus mir heraus, bevor ich wirklich darüber nachdenken kann. Ich fühle mich auf der Bühne so sicher, viel sicherer als auf der Strasse. 

Ich mag die Aufmerksamkeit, ich mag das Rampenlicht, und ich mag, dass ich nicht mehr mich selbst sein muss, wenn ich auf der Bühne stehe. Ich bekomme Energie zurück, vom Publikum und den anderen Schauspieler*innen. Am liebsten wäre ich immer in dieser Welt. Das Spielen ist meine Medizin, mein Zuhause. Hier, in diesem Haus, bin ich die Chefin meines eigenen Lebens, ich kann loslassen und mich fallen lassen, und die Menschen hier im LAB sind wie eine Familie für mich. Wenn ich das Theater nicht gehabt hätte, würde ich jetzt wohl in der Ukraine sitzen, mein Gott, wie anders wäre mein Leben verlaufen. Dieser Flug damals, ich glaube, er war Schicksal. Das Theater hat mich gerettet.

«Begehren»
LAB Junges Theater Zürich

Do, 05.06. (ausverkauft)
Sa, 07.06.
So, 08.06.
Mo, 09.06.

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