Das Theater ist ja auch immer ein Ort, an dem Kritik geübt wird – von innen wie von aussen. Welche Kritik musstest du mit untamed.love einstecken?
Wir wurden auch schon dafür kritisiert, ein kommerzielles Unternehmen zu sein beziehungsweise dass wir Sexualität kommerzialisieren. Die Verbindung von Sex und Geld scheint die Menschen sehr zu bewegen und aufzuwühlen. Ein Teil unserer Arbeit besteht aus Communityarbeit und Bildung, zum Beispiel in Form von Erklärvideos und Workshops. Es ist fast ein wenig ironisch: Wir machen einen Teil unserer Arbeit unbezahlt und werden dann umso mehr dafür kritisiert, wenn wir was Kommerzielles machen. Zudem spielt bei der Kritik auch die von patriarchalen Gesellschaftsstrukturen geprägte Vorstellung mit, dass alles, was mit Sex- oder Care-Arbeit zu tun hat, von – meistens weiblichen – Personen aus reiner Liebe passiert und, dass es unmoralisch ist, dafür Geld zu verlangen.
«In den letzten fünf Jahren war ich schwanger, habe geboren und eine Stillzeit erlebt. Das war, glaube ich, das Wildeste, was ich je mit meinem Körper gemacht habe.»
In den vergangenen fünf Jahren hattest du vor allem auch im Rahmen von Workshops zu Themen wie «Love your Vulva», «How to Consent» oder «Creative Sexting» einen regelmässigen und direkten Austausch mit eurer Community. Was sind aktuell die drängendsten Themen, die in Bezug auf Körper und Sexualität bewegen?
Nicht monogame Beziehungsformen sind ein Riesenthema. Unsere Speeddating-Anlässe für nicht monogame Menschen sind immer ruckzuck ausverkauft. Auch zum Thema «Konsens» ist wahnsinnig viel passiert in den letzten fünf Jahren. Als wir damals während unserer Anfänge den ersten Konsens-Workshop vorbereitet hatten, fand ich im deutschsprachigen Raum fast keine Unterlagen dazu. Wir waren unter den Ersten, die sich dem Thema gewidmet haben. Mittlerweile ist das Angebot grösser geworden. Schön, dass sich immer mehr Leute damit auseinandersetzen. Ich hoffe aber, dass sich künftig mehr cis Männer dem Thema widmen, denn ihr Anteil an den Workshops ist leider noch immer sehr klein im Gegenteil zu Workshops wie «Nicht monogame Beziehungsformen» oder «Wie geht ein Dreier?». Personen mit Vulvas und oder queere Menschen haben in den letzten Jahrzehnten wahnsinnig viel gemacht, um mehr über die eigene Sexualität zu erfahren und sich selbst zu ermächtigen. Heterosexuelle cis Männer können da noch sehr viel nachholen in Form einer Emanzipation, in der sie sich von starren Rollenbildern loslösen.
Wie hat sich deine eigene Beziehung zu deinem Körper und deiner Sexualität verändert, seit du untamed.love gegründet hast und du quasi immer von diesen Themen umgeben bist?
In den letzten fünf Jahren war ich schwanger, habe geboren und eine Stillzeit erlebt. Das war, glaube ich, das Wildeste, was ich je mit meinem Körper gemacht habe. Aber klar, die berufliche Auseinandersetzung spielt schon mit, ich habe mich wahrscheinlich intensiver mit gewissen Themen auseinandergesetzt als andere. Das hat mich in einen Frieden mit meinem Körper gebracht. Ich bin froh, dass ich mich immer weiter wegbewegen konnte von Normvorstellungen in Bezug auf wie ein Körper aussehen, was er leisten oder wie er sich anfühlen muss.
Die letzten fünf Jahre untamed.love in fünf Worten?
Es war einfach super (lacht). Und sicher auch lustig, oft auch nervenaufreibend. Spannend, interessant. Und die Community war und ist wichtig. Ich durfte mit so vielen tollen Leuten, Organisationen und anderen Geschäften zusammenarbeiten. Und manchmal ist es auch einfach ein wenig absurd, in dieser Branche tätig zu sein. Das sind jetzt mehr als fünf Worte.