Seit 2011 bereichert Florentina Holzinger die internationale Performanceszene mit schwindelerregender Akrobatik, muskulösen Frauenkörpern und Martial-Arts-Kampfszenen – popkulturelle Referenzen und ein Faible für Trash kommen dabei nicht zu kurz. Mit TANZ schliesst Florentina Holzinger ihre Trilogie – Recovery und Apollon waren die ersten beiden Teile – über den Körper als Spektakel und dessen Disziplinierung ab. Den Rahmen von TANZ bildet eine Ballettklasse unter der Leitung von Beatrice Cordua, der ersten Ballerina, die Le Sacre du printemps nackt tanzte (in John Neumeiers Bearbeitung Le Sacre, 1972). Die Performer*innen durchlaufen eine strenge Ausbildung in «Aktionsballett», die sogenannten «Sylphic Studies». In gemeinsamen Ritualen lernen sie, Körper und Geist zu beherrschen und eignen sich übernatürliche Kräfte wie das Fliegen an. Eine Suche nach Perfektion in einer vergänglichen Welt, bei der das Derbe in das Erhabene verwandelt wird. In einem opernhaften Setting entstehen brutale Parodien auf sensationslüsterne Bilder, wie man sie aus dem Ballett, aus Komödien und aus der Pornografie kennt. Das Blickregime findet Reflexion in der Figur eines Pornoproduzenten, der die Aufführung dokumentiert. Mit einem Cast bestehend aus Frauen im Alter von zwanzig bis achtzig Jahren, die alle einen unterschiedlichen tänzerischen Hintergrund haben, wirft TANZ die Frage nach dem Erbe des Tanzes auf. Wie versöhnt man sich mit dem Schönheitskult dieser Tradition?
Florentina Holzinger (geb. 1986 in Wien) hat Choreografie an der School for New Dance Development (SNDO) in Amsterdam studiert. Sie spielt in all ihren Arbeiten bewusst mit der Grenzverschiebung zwischen Hochkultur und Entertainment. Kein Applaus für Scheiße (2011), die erste gemeinsame Arbeit von Florentina Holzinger und Vincent Riebeek, brachte den beiden auf Anhieb den Ruf als «provokanteste NachwuchschoreografInnen» ein. In Zusammenarbeit mit Vincent Riebeek entstand eine Trilogie von Stücken, die international erfolgreich tourten: Kein Applaus für Scheisse, Spirit und Wellness. 2015 entstand als Fortsetzung die Arbeit Schönheitsabend - Tänze des Lasters, des Grauens und der Extase – das vorläufig letzte Stück der inzwischen legendären Kollaboration. Im Herbst 2015 wurde Holzingers zweite Soloarbeit Recovery uraufgeführt, eine experimentelle Überlegung über ihre Genesung von einem traumatischen Bühnenunfall. Holzinger verantwortet des Weiteren Workshops zwischen Kunst und Martial Arts sowie die Webserie Body and Freedom und wurde mit TANZ 020 zum Theatertreffen eingeladen.